Mit dem Verzeichnis „Rassismuskritisch und empowernd arbeiten mit jungen geflüchteten Menschen“ möchten wir Mut machen und dazu inspirieren, die eigene Haltung und Arbeit zu reflektieren und rassismuskritisch weiterzuentwickeln. Hierzu haben wir Infomaterialien und Anlaufstellen für Fachkräfte rund um den Bereich „Rassismuskritisch und empowernd arbeiten mit jungen geflüchteten Menschen“ zusammengestellt. Tatsächlich gibt es bereits eine Vielzahl an Projekten, Fachstellen, Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen, die sich schwerpunktartig diesem Themenbereich widmen. Mit dem Verzeichnis wollen wir auf die rassismuskritische Expertise und Praxis dieser Vorreiter*innen aufmerksam machen, praktische Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Vernetzung ermöglichen.
Darüber hinaus haben wir Angebote für Kinder und Jugendliche gesammelt, die sich informieren, vernetzen oder aktiv werden wollen.
Wir verstehen das Verzeichnis als „work in progress“ und freuen uns über Hinweise auf Infomaterialien, Anlaufstellen und Angebote für Fachkräfte sowie geflüchtete Kinder und Jugendliche. Schreiben Sie uns gerne eine Nachricht an info@b-umf.de.
Das Verzeichnis können Sie hier als PDF herunterladen.
Diskriminierung und Rassismus sind fester Bestandteil der Lebensrealitäten von jungen Menschen mit Fluchterfahrung in Deutschland. Neben den prekären Lebensverhältnissen, die durch zum Teil stark eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten und existenzielle Unsicherheiten geprägt sind (- ausführliche Informationen zur Lebenssituation und den Problemstellungen von jungen geflüchteten Menschen in Deutschland finden Sie in der BumF Online-Umfrage 2020 -), sind geflüchtete Jugendliche in Deutschland unterschiedlichen Facetten von Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt. In sämtlichen Lebensbereichen – auf der Straße, in Behörden, auf dem Ausbildungsmarkt, in Jugendhilfeeinrichtungen – werden Kinder und Jugendliche mit stereotypen Zuschreibungen versehen, zu „Fremden“ gemacht, benachteiligt und teilweise verbal oder gar physisch angegriffen. Das produziert nicht nur Ausschlüsse sondern hat auch schwerwiegende Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Jugendlichen und ihre individuelle Lebensgestaltung und –planung.
Der Schutz vor Diskriminierung und Rassismus und die Unterstützung im Umgang damit müssen daher zentraler Teil der Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen sein. Voraussetzung hierfür ist eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Verwobenheit in rassistische Machtstrukturen sowie mit eigenen stereotypen Bildern, kulturellen Zuschreibungen und bevormundenden Denk- und Handlungsmustern. Darüber hinaus sind (pädagogische) Fachkräfte und Einzelpersonen, die für und mit jungen geflüchteten Menschen arbeiten, gefordert, sich klar gegen Diskriminierung und Rassismus zu positionieren und die besonderen Bedarfe junger geflüchteter Menschen in ihren Angeboten und Strukturen mitzudenken und zu berücksichtigen.
Viele Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit und Geflüchtetenarbeit sind auf der Suche nach Ideen und Anregungen für die kritische Reflexion und konkrete Gestaltung ihrer Praxis.
Diesem Bedarf Rechnung tragend haben wir uns im Rahmen eines Fachtages, Antidiskriminierung matters! Diskriminierungsschutz und Empowerment in der Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen“ der Frage gewidmet: Wie können wir junge Menschen im Umgang mit Diskriminierung und Rassismus unterstützen und empowern? Hieraus ist unter anderem die Idee entstanden ein bundesweites Verzeichnis aufzusetzen, das Informationen sammelt, Inspiration und Anregungen bietet und Vernetzung ermöglicht.
Im Gegensatz zu der Bezeichnung „Antirassismus“, die von der Vorstellung ausgeht, dass es einen Ort jenseits von Rassismus gebe, bedeutet Rassismuskritik: anzuerkennen, dass Rassismus eine gesellschaftliche Normalität darstellt. Denn alle Menschen werde durch rassistische Kategorisierungen, Zuschreibungen und Diskriminierungen in unserer Gesellschaft positioniert.
Mit Rassismuskritik ist die Absicht verbunden, die eigene Involvierung zu erkennen, zu benennen und soweit möglich aufzulösen.
„Rassismuskritisch arbeiten“ meint zum einen das Bewusstsein für und die kritische Auseinandersetzung damit, dass auch die eigene Arbeit in rassistische Machtverhältnisse eingebunden ist. Zum anderen wird damit die professionelle Praxis beschrieben, die nach Selbstverständnissen und Handlungsformen sucht, die weniger von Rassismus bestimmt werden.
Für weitere Informationen zum Begriff lesen Sie: in Zukunft: Jugendarbeit antisemitistisch, rassismuskritisch und empowernd. Amadeu Antonio Stiftung, 2020.
Der Empowerment-Begriff aus einer rassismuskritischen Perspektive steht für Selbstermächtigung, Selbstbestimmung, Selbstbefreiung und politischen Kampf. Empowerment beschreibt somit den Prozess, in dem sich strukturell benachteiligte Menschen dem Defizitblick, der sich auf sie richtet, widersetzen und eigene Kräfte entwickeln, um an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen teilzuhaben und so ihre Lebensumstände zu verbessern – unabhängig vom Wohlwollen der Mehrheitsgesellschaft.
„Empowernde Arbeit“ ist darauf ausgerichtet, junge geflüchtete Menschen darin zu unterstützen, ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und individuelle und kollektive Handlungs- und Widerstandsstrategien zu entwickeln. Eine zentrale Bedeutung kommt hierbei dem Bereitstellen von Schutzräumen zu.
Für weitere Informationen zum Begriff lesen Sie: Was heißt eigentlich Empowerment? IDA e.V., 2018.
Erstellt im Rahmen des Projektes „Fokus – Perspektiven junger Geflüchteter im Kontext neuer gesellschaftlicher und rechtlicher Diskurse“. Dieses Projekt wird durch die Aktion Mensch, die Freudenbergstiftung und die UNO-Flüchtlingshilfe gefördert.