Fachbeitrag: Bundesregierung ignoriert Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs

Am 12.04.2018 hat der Gerichtshof der europäischen Union in einem niederländischen Verfahren eine Grundsatzentscheidung zum Elternnachzug zu unbegleiteten Minderjährigen mit Flüchtlingseigenschaft gefällt. Demnach bleibt der Anspruch auf Elternnachzug auch nach dem 18. Lebensjahr bestehen, wenn der Asylantrag in der Minderjährigkeit gestellt wurde. Das Urteil wartet in Deutschland auch nach 12 Monaten weiter auf seine Umsetzung. Eine gemeinsame Position der Bundesregierung fehlt. So werden aktuell die Visaanträge abgelehnt und faktisch der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit die Aufgabe einer europarechtskonformen Positionierung überlassen. Leidtragenden sind die Familie.

In einem aktuellen Fachbeitrag von Urlike Schwarz (BumF) und Sebastian Muy (Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen) für das Migazin wird die aktuelle Situation dargestellt und juristisch bewertet.

Mittlerweile haben Rheinland-Pfalz und Thüringen eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, die den Familiennachzug für Eltern und Geschwister von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erleichtern soll. Auch anerkannte Asylbewerber, die während des Verfahrens volljährig werden, sollen demnach künftig ihre Angehörigen nach Deutschland holen können. Wann über die Inititative beraten wird und ob Chancen auf eine Umsetzung bestehen ist derzeit unklar.