Ausstellung eines Reiseausweises für eritreische Staatsangehörige mit subsidiären Schutz: Verwaltungsgericht Hannover zur Unzumutbarkeit der Abgabe einer Reueerklärung Eritrea

Am 20.05.2020 hat das Verwaltungsgericht Hannover in einem Verfahren entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Abgabe einer Reueerklärung gegenüber dem Staat Eritrea unzumutbar sein kann.
Die Entscheidung ist dabei nicht nur aufgrund der ausführlichen gerichtlichen Einschätzung dazu relevant. Sondern auch, weil sich umfassend mit der bestehenden Rechtsprechung zu Unzumutbarkeit und Eritrea auseinandergesetzt wird und die aktuelle Rechtsdiskussion in Gänze dargestellt und erläutert wird.

So kann eine Zumutbarkeit der Passbeschaffung bei der Botschaft des Staates Eritrea ausnahmsweise nicht bestehen wenn die abzugebende sogenannte „Reueerklärung“, die vom Staat Eritrea gefordert wird, nicht dem „inneren Willen“ des*der Betroffenen entspricht – es also kein „Ausreisewille” abgebildet wird. Eine dennoch erzwungene Abgabe würde den*die Betroffene*n in seinem allgemeinen Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG verletzten. (siehe VG Hannover S. 11 + 12)

Das Gericht hat sich aber auch mit den anderen möglichen Gründen für eine fehlende Unzumutbarkeit für eritreische subsidiär Schutzberechtigte auseinandergesetzt. Zwar hat das Gericht in dem aktuellen Verfahren nicht darüber entschieden, aber wurden andere mögliche Gründe aufgezeigt, bei denen im Einzelfall nachgewiesen werden könnte, dass eine Passbeschaffung unzumutbar sein kann, wenn:
• Es belegt wird, dass es sich bei der Höhe und der Art der Erhebung der sogenannten „Diasporasteuer“ um eine willkürliche Maßnahme handelt bezogen auf den*die Betroffene*n (siehe VG Hannover S.8)
• Die*der Betroffene selber aufgrund physischer und/oder psychischer Angstzustände…etc. nicht in der Lage ist, sich dem Staat zu nähern, der ihn staatlich verfolgt. Denn: Die staatliche Verfolgung ist bei der Zumutbarkeit ein „zu berücksichtigender Gesichtspunkt“ (siehe VG Hannover S. 7)