Rechte von Kindern in der Europäischen Asylpolitik garantieren

Im zweiten Halbjahr 2020 wird die Bundesrepublik Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und in diesem Rahmen die Verantwortung für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) übernehmen. Gemeinsam mit 42 Menschen- und Kinderrechtsorganisationen hat der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst, um im Rahmen dieser Reform einzufordern, dass die Rechte von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen garantiert werden. Die Organisationen fordern u. a.: Beschleunigte Familienzusammenführung innerhalb der EU und eine unverzügliche Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Die aktuelle Corona-Pandemie verschärft die katastrophale Situation an der EU-Außengrenze massiv. Seit über fünf Jahren sind die Zustände in den EU-Hotspots auf den griechischen Inseln unhaltbar und menschenunwürdig. Dass eine Umverteilung der Flüchtlinge nicht bereits stattgefunden hat, ist eine moralische und menschenrechtliche Bankrotterklärung und führt die Werte, auf die sich die EU in ihren Verträgen verständigt hat, ad absurdum. Gerade angesichts der Verbreitung von Covid-19 müssen wir für die am stärksten gefährdeten Menschen da sein. Die Menschen dürfen sich nicht gezwungen fühlen hierfür auf die Straße gehen zu müssen. Die Politik muss handeln.

Monatelang blockierte das Bundesinnenministerium eine Aufnahme, obwohl viele Bundesländer, dutzende Kommunen und Jugendhilfeträger sagten: #WirHabenPlatz und Aufnahmezusagen gemacht hatten. Statt auf die Forderungen einzugehen, wurden wir aufgefordert zu akzeptieren, dass Tränengas und Schlagstöcke gegen Hilfesuchende eingesetzt werden.

Erst Anfang März beschloss die Bundesregierung eine Aufnahme von schwerkranken Minderjährigen und unter 14-Jährigen unbegleiteten Minderjährigen. Der Beschluss ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Noch immer wurde keine einzige Person aufgenommen.

Zehntausende Staatsbürger*innen konnten von der Bundesregierung mittels einer Luftbrücke nach Deutschland zurückgeholt werden. Auch eine Aufnahme aus Griechenland können wir schaffen. Wir müssen nicht zusehen, wie zehntausend Kinder in Elendslagern gefährdet werden.

Die überfüllten Lager und die unhygienischen Zustände könnten bei einem dortigen Ausbruch des Corona-Virus zu einer Tragödie führen, die die EU und auch die deutsche Bundesregierung sehenden Auges mitverursacht haben. Statt unbegleitete Minderjährige aufnehmen zu dürfen, mussten im letzten Jahr zahlreiche Jugendhilfeeinrichtungen geschlossen und qualifiziertes Personal entlassen werden.

Aufnahmekapazitäten sind vorhanden, auch wenn die Corona-Pandemie die Aufnahme erschwert: Allein von Januar bis März 2020 sind etwa 3000 Plätze in betreuten Wohngruppen für geflüchtete junge Menschen frei geworden. Eine sofortige Umverteilung der Menschen aus den Lagern, und insbesondere der vulnerablen Kinder, ist nicht nur menschenrechtlich, sondern aufgrund der Corona-Pandemie auch gesundheitspolitisch geboten.