Zum dritten Jahrestag der Machtergreifung der Taliban – Appell an die deutsche Bundesregierung: Menschen schützen statt Bundesaufnahmeprogramm kürzen!

Drei Jahre ist es her, dass die Taliban nach dem chaotischen Abzug der NATO-Truppen, darunter auch der Bundeswehr, die Kontrolle in Afghanistan übernahmen. Weiterhin missachtet die deutsche Bundesregierung ihre humanitäre Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan. Anstatt einen wirksamen Beitrag dazu zu leisten, sichere Fluchtwege zu schaffen und afghanischen Geflüchteten in Deutschland angemessenen Schutz, Perspektiven und Unterstützung zu bieten, soll nun das Bundesaufnahmeprogramm (BAP) Afghanistan de facto gekippt werden.

Die Menschenrechtssituation im Land ist extrem desolat. Von Repressionen und Gewalt betroffen sind unter anderem Journalist*innen, LGBTQI+-Personen, Frauen- und Menschenrechtsaktivist*innen, ehemalige Regierungsmitarbeitende, Ortskräfte und viele weitere. Mädchen und FLINTA*-Personen in Afghanistan stellen eine der Personengruppen dar, die in besonderer Weise von der prekären Menschenrechtslage betroffen sind. Ihre Unterdrückung wird aufgrund der Systematik und Massivität von vielen Menschenrechtsexpert*innen und -aktivist*innen als „Gender-Apartheid« eingestuft. Mädchen und FLINTA*-Personen werden maßgeblich aus dem öffentlichen Leben gedrängt, ihre Bewegungsfreiheit ist bedeutsam eingeschränkt, ihr Recht auf weiterführende Bildung wird verwehrt, ihre Möglichkeiten an ökonomischer und gesellschaftlicher Teilhabe massiv beschnitten.

Trotz der Gewalt seitens der Taliban und der dramatischen Lage, in der sich viele Menschen in Afghanistan befinden, hat die Bundesregierung bisher nur unzureichende effektive Maßnahmen ergriffen, um seiner humanitären Verantwortung und seinen Versprechen nachzukommen. Das Bundesaufnahmeprogramm, welches im Oktober 2022 angelaufen war, hatte sich in der Praxis als weitgehend ineffektiv erwiesen. 1000 gefährdete Menschen sollten jeden Monat über das Programm Aufnahmen erhalten, doch am Ende waren bis Juli 2024 nur 533 Personen, also weniger als drei Prozent, nach Deutschland eingereist. Doch anstelle eines notwendigen Ausbaus des Programms soll das BAP für 2025 um fast 90 Prozent gekürzt werden – und würde damit de facto gekippt werden.

Gefährdete Personen, die es geschafft haben Afghanistan zu verlassen und die als Geflüchtete in Deutschland leben, erhalten oftmals nicht den angemessenen Schutz, die Perspektiven und die Unterstützung, die sie brauchen und die ihnen zustehen. Hinsichtlich der Situation geflüchteter FLINTA*-Personen aus Afghanistan hat sich zumindest im letzten Jahr– nachdem die Europäische Asylagentur dahingehend eine Empfehlung ausgesprochen und zivilgesellschaftliche Organisationen dies vielfach gefordert hatten – die Entscheidungspraxis des BAMF geändert. Lange hatte das BAMF Afghaninnen die GFK-Asylanerkennung verweigert, nun wird diese im überwiegenden Teil der Fälle zuerkannt. Dennoch: Weiterhin erhält ein kleiner Teil der FLINTA*-Personen aus Afghanistan lediglich ein Abschiebungsverbot, einige subsidiären Schutz (Quelle: https://www.proasyl.de/news/verfolgte-frauen-besser-schuetzen)

Die Menschen in Afghanistan und die Menschen, die als afghanische Geflüchtete in Deutschland leben, dürfen nicht im Stich gelassen werden! Mit Blick auf die derzeitige Situation und auf die Pläne zur Kürzung des BAP, unterstützt der BumF e.V. gemeinsam mit zahlreichen weiteren Organisationen das gemeinsame Statement „Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan retten“.

Die Kernforderungen der Stellungnahme sind:

  • Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss in vollem Umfang fortgesetzt und finanziert werden. Ausreisen müssen beschleunigt werden.
  • Das Ortskräfteverfahren muss so reformiert werden, dass alle gefährdeten Personen, die für Deutschland gearbeitet haben, Schutz erhalten.
  • Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte muss erleichtert und beschleunigt werden.
  • Abschiebungen nach Afghanistan dürfen nicht stattfinden.
  • Ausbau der Kapazitäten für Unterbringung, Beratung und gesundheitliche Versorgung für Geflüchtete in Deutschland

 

Zum gemeinsamen Statement “Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan retten”.