Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) veröffentlicht heute die Ergebnisse einer umfangreichen Recherche über das systematische Verschwinden von vietnamesischen Minderjährigen aus Einrichtungen der Jugendhilfe und deckt dabei Strukturen des gezielten Menschenhandels mit Minderjährigen auf. Die Jugendlichen würden etwa in Nagelstudios in ganz Deutschland aber auch auf Cannabisplantagen in Großbritannien ausgebeutet. Dahinter stehe ein international agierender Schleuserring.
In Berlin wurden laut den Recherchen des rbb seit 2012 474 vietnamesischen Minderjährigen von Kindernotdiensten und Jugendämtern vermisst gemeldet. In Brandenburg ist eine steigende Zahl vermisster Minderjähriger zu verzeichnen. Den Vermisstenanzeigen wird jedoch nicht ausreichend nachgegangen. Der Bundesfachverband umF fordert Politik und Behörden dringend zum Handeln auf, um die Minderjährigen besser zu schützen.
Diese Kinder und Jugendlichen befinden sich in Obhut des Staates. Es ist nicht hinnehmbar, dass ihr Verschwinden nicht ernstgenommen wird. Im Rahmen der rechtlichen Vertretung muss Verantwortung an Stelle der Eltern übernommen werden und Vermisstenanzeigen muss engagiert nachgegangen werden. Jugendämter und polizeiliche Ermittlungsbehörden müssen hierfür zusammenwirken und für diesen Zweck ausreichende Ressourcen erhalten. Mitarbeitende von Jugendhilfe und Polizei müssen im Bereich Menschenhandel zudem stärker qualifiziert werden.
– Johanna Karpenstein Bundesfachverband umF
Gleichzeitig appelliert der BumF zu verantwortungsbewussten politischen und öffentlichen Diskursen zurückzukehren. Abschiebungsdiskurse und eine Rhetorik der Härte schüren derzeit massive Ängste unter den Jugendlichen. Die Gefahr von Abgängigkeiten und Untertauchen wird durch diese Entwicklung stark erhöht, wie eine BumF-Umfrage unter 723 Fachkräften der Kinder und Jugendhilfe zeigt.
Wenn Minderjährige für sich keine Perspektive im System sehen und Angst vor Abschiebungen haben, steigt die Gefahr, dass sie untertauchen und in Parallelstrukturen ausgebeutet werden.
– Johanna Karpenstein Bundesfachverband umF