Appell von 28 Organisationen und Stiftungen an Bund, Länder und Kommunen vor Flüchtlingsgipfel am 6.11.
Das Thema Zuwanderung bewegt derzeit die Politik in Deutschland. Die Änderung von Gesetzen und weitere Maßnahmen sind im Gespräch, um die Zahl der Asylsuchenden zu reduzieren und Kommunen zu entlasten, aber auch, um den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Bundeskanzler Olaf Scholz hat deshalb für den 6. November 2023 die Bundesländer zu einem Flüchtlingsgipfel eingeladen, bei dem über die Verteilung von Aufgaben und deren Finanzierung entschieden werden soll.
Dabei wird in der Debatte nicht genügend berücksichtigt, dass etwa ein Drittel der nach Deutschland geflüchteten Menschen unter 18 Jahre alt ist und damit unter die Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention fällt. Der Flüchtlingsgipfel bietet eine Chance, die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Aufnahme von schutzsuchenden Kindern mit ihren Familien und von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten neu zu gestalten. Bei diesem Austausch sollten künftig auch zivilgesellschaftliche Organisationen zu Rate gezogen und gehört werden.
Kinder brauchen eine verlässliche Lebensperspektive, ungeachtet ihres Herkunftslandes und Aufenthaltsstatus. Während die politische Debatte droht, auf Abschottung und Abschiebungen verengt zu werden und Fragen der besseren Integration eine untergeordnete Rolle spielen, leben sowohl begleitete Kinder in Sammelunterkünften als auch unbegleitete Kinder in Obhut
der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unter prekären Bedingungen mit begrenzten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe. Eine kinderrechtsbasierte Unterbringung und Versorgung sind kaum gegeben.
Wir sind deshalb besorgt über die Situation von begleiteten und unbegleiteten geflüchteten Kindern.
Länder und Kommunen bauen angesichts eines erhöhten Zuzugs von schutzsuchenden Menschen immer wieder in kürzester Zeit Kapazitäten auf. Insbesondere die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe hat in den Jahren 2016 und 2017 das Inobhutnahmesystem massiv ausgebaut, um unbegleitete minderjährige Geflüchtete adäquat aufzunehmen und zu betreuen.
Aktuell sehen sich Länder und Kommunen allerdings an der Belastungsgrenze.
In Anerkennung dieser politischen und gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen bekräftigen wir deshalb unseren Appell vom Mai 2023 an Bund, Länder und Kommunen, die Rechte von geflüchteten Kindern und Jugendlichen einzuhalten und fordern, diese zum Prüfstein aller in Diskussion stehenden politischen Lösungsvorschlägen zu machen. Das betrifft insbesondere die Unterbringung, den Zugang zur öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, den Zugang zu frühkindlicher Bildung und Regelschule sowie die Identifizierung von besonderen Schutzbedarfen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das übergeordnete Ziel aller politisch verantwortlichen Stellen muss darin bestehen, geflüchteten Kindern eine Perspektive auf eine normale Kindheit zu eröffnen
Zum gemeinsamen Appell.
Liste der Unterzeichnenden:
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Ärzte der Welt e.V.
AWO Bundesverband e.V.
Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
Bundesnetzwerk Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe e.V.
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e.V.
Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V. (Bündnis KJG)
Deutscher Kitaverband – Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V.
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V.
Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e.V.
Handicap International e.V.
Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.
JUMEN – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland
Kinderschutzbund Bundesverband
KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V.
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e.V. (LSVD)
National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention
Plan International Deutschland e.V.
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Save the Children Deutschland e.V.
Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention
Stiftung SPI – Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May«
terre des hommes Deutschland e.V.
World Vision Deutschland e.V