Anlässlich der derzeitigen Internationalen Wochen gegen Rassismus 2025 (17.- 30. März) möchten wir auf das Interview mit Ousmane Diallo aufmerksam machen, dass letzte der vier Interviews, das wir aus unserer Podcastreihe „Das ist der Podcast vom BuMF und nicht vom BAMF“ veröffentlicht haben.
Ousmane Diallo war während seiner Ausbildung großen Belastungen ausgesetzt: Rassismus und Mobbing waren für ihn tägliche Realität. Trotz dieser schwierigen Umstände hat er seine Ausbildung abgeschlossen – weil er seinen Aufenthalt nicht gefährden wollte.
Ousmane: „Seit 2017 lebe ich in Deutschland und wohne in Potsdam. Als ich 18 wurde, war ich erst ein paar Monate in Deutschland und konnte noch nicht allein wohnen. Deswegen hat das Jugendamt entschieden, dass ich bis zu meinem 21. Geburtstag Unterstützung bekomme. Jetzt bin ich 23 Jahre alt, habe meine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik abgeschlossen und arbeite gerade bei Mercedes Benz in Berlin. In meiner Freizeit spiele ich Fußball und Theater.“
Fachkraftlagerlogistik ein Beruf der Zukunft in Zeiten der Online-Bestellungen
Ousmane: „Schon in der Produktion müssen Sachen vorbereitet, gepackt und geschickt UND kontrolliert werden. Unser Job ist, Ware anzunehmen und mit dem Lieferschein oder Frachtbrief zu kontrollieren.
Als Ousmane nach Deutschland kam, hatte erstmal nur eine Duldung.
Ousmane: „Deswegen habe ich dann einen Antrag bei der Ausländerbehörde angestellt und habe so eine Ausbildungsduldung für drei Jahre bekommen. Die galt nur für diese Firma. Deswegen konnte ich auch nicht die Ausbildung wechseln.
„Während der Probezeit wurde ich sogar gekündigt!“
Ousmane: Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, wäre ich nicht drei Jahre in diesem Betrieb geblieben. Während der Probezeit wurde ich sogar gekündigt! Mein Betreuer hat den Chef gefragt: »Warum wurde er gekündigt? Es muss einen Grund geben! Hat er etwas geklaut, hat er jemanden geschlagen oder beleidigt?« Sie hatten keinen Grund, sie meinten nur, dass ich nicht alles verstehen würde und mit den Kollegen nicht klarkomme. Mein Betreuer hat ihm gesagt, dass das rassistisch ist und dann hat der Chef in letzter Minute seine Meinung geändert.
Ich hatte jeden Tag Angst zur Arbeit zu gehen. Ich wurde gemobbt und ausgelacht. Der Chef hat nichts dagegen gemacht. Bis zum letzten Tag habe ich Probleme in diesem Betrieb gehabt. Nur wegen meiner Hautfarbe!“
„Ich wollte unbedingt diese Ausbildung schaffen… und es hat geklappt“
Ousmane: „Ich habe mir gesagt, »Nein, ich kann hier nicht weggehen, ohne die Ausbildung abzuschließen. « Ich wollte unbedingt diese Ausbildung schaffen. Deswegen habe ich Gas gegeben und es hat geklappt, auch wann es nicht einfach war. Drei Jahre habe ich da richtig gelitten. Es war wie in der Hölle. Drei Jahre sind zu viel. Das war sehr schwer.
Alles, was ich gelernt habe, habe ich mir selber beigebracht. Sie wussten auch, dass meine Zukunft davon abhängt. Dass ich die Ausbildung bestehen muss, um meinen Aufenthalt hier zu kriegen. Viele Leute erleben so etwas jeden Tag. Jetzt ist es für mich vorbei – ich kann einfach wechseln, wenn ich mich nicht wohlfühle.“
Ousmane fühlt sich in Brandenburg als Schwarzer unsicherer als in Berlin.
Ousmane: „Du merkst es selber auf der Straße, im Zug, im Bus und in der Tram. Es ist selten, dass jemand neben dir sitzt. Ich glaube, als Schwarzer kann man nicht vergessen, dass man Schwarz ist. Man hat das immer im Kopf. Du fühlst dich immer anders als die anderen.
Wenn du mit deinem Schwarzen Kumpel unterwegs bist, kannst du dieses Gefühl manchmal vergessen. Sonst denke ich immer daran und es macht mich traurig.
Jetzt rede ich darüber und spiele im Theater. Das hat mir geholfen, Selbstvertrauen zu bekommen und ich habe coole Leute kennengelernt Ich fühle mich wohl beim Theater X. Das ist da auch der einzige Ort, wo ich nicht so an meine Hautfarbe denke.“
Wie Menschen im Betreuungssystem bei Rassismuserfahrungen am besten unterstützen können
Ousmane: „An erster Stelle: emotional. Wenn man so was erlebt ist es wichtig, mit der Person zu reden und die richtigen Wörter zu finden. Und auch auf die Zukunft vorzubereiten. Weil der Betreuer oder der Vormund wird nicht für immer dableiben und immer für dich da sein. Ich lebe heute alleine und habe keinen Betreuer und Vormund mehr. Wenn ich jetzt in diese Situation komme, dann muss ich selbst Verantwortung übernehmen.“
Quelle: Dieser Text basiert auf einem Gespräch, das im Podcast „Der Podcast vom BuMF und nicht vom BAMF“ in der dritten Folge „Antirassismusarbeit ist wie Zähneputzen“ geführt wurde. Redaktion: Livia Giuliani. Sensitivity reading: Maren Belinchón.
Dieses verschriftlichte Interview entstand im Rahmen des Projektes „Kindeswohlgerechtes Ankommen sicherstellen“.