Flüchtlingsaufnahme statt Tränengas, Push-Backs und Abschottung

Update vom 9.3.2020: Die Koalition erklärt, dass sie bei einer Lösung für etwa 1000 bis 1500 Flüchtlingskinder in „schwieriger humanitärer Lage“ helfen will und sucht nach einer "Koalition der Willigen" auf EU-Ebene. Betroffen seien Minderjährige die schwer erkrankt sind, so wie unbegleitete Minderjährige unter 14 Jahren - insbesondere Mädchen. Dies berichten verschiedene Medien +++ Update vom 6.3.2020: Der Bundestag hat 5.3.2020 gegen eine sofortige Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus Griechenland entschieden. Ein Antrag der Grünen bekam lediglich 117 Ja-Stimmen, 495 Abgeordnete sprachen sich dagegen aus, bei fünf Enthaltungen. Auch die SPD stimmte unter Verweis auf die Koalitionsräson dagegen, obwohl etliche SPD-Abgeordneten inhaltlich für eine Aufnahme sind. Sowohl von Union und SPD wurde darauf verwiesen, dass an einer europäische Lösung gearbeitet werde.

Nachdem die türkischen Grenzbehörden Schutzsuchende nicht mehr am Grenzübertritt hindern und Geflüchtete zum politischen Spielball gemacht werden, gehen die griechischen Grenzbehörden brutal vor. Tränengas und Gummigeschosse werden eingesetzt und geflüchtete Frauen, Männer und Kinder illegal in die Türkei zurückgeschoben. Diese rechtswidrigen Push-Backs treffen auch Minderjährige. Das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen ist derzeit kaum absehbar. Berichte über tödliche Schüsse und das abdrängen von Booten kursieren.

Um die flüchtenden Menschen zu schützen, muss dringend gehandelt werden. Illegale Push-Backs müssen umgehend beendet werden. Schutzsuchende müssen auf das griechische Festland gebracht werden. Dort müssen sie menschenwürdig untergebracht und schnellstmöglich in andere EU-Mitgliedstaaten verteilt werden.

Seit Monaten blockiert das Bundesinnenministerium jedoch die Aufnahme von Schutzsuchende aus Griechenland. Dabei fordern Kinderrechts- und Flüchtlingsorganisationen angesichts der katastrophalen Lage für Kinder und Jugendliche in den Horror-Lagern auf den griechischen Inseln seit längerem unbegleitete Minderjährige aus Griechenland aufzunehmen. Zahlreiche Kommunen, Bundesländer, Einzelpersonen und Jugendhilfeträger sagen: „#WirHabenPlatz!“ und sind bereit Minderjährige aufzunehmen.

  • Übersicht: Aufnahmezusagen von Ländern und Kommunen

    Berlin: 70 Plätze
    Bremen: mind. 20 Plätze
    Niedersachsen: 200 Plätze
    Schleswig-Holstein: 30 Plätze
    Thüringen: 50 Plätze

    Daneben gibt es noch nicht zahlenmäßig konkretisierte Zusagen von

    Baden-Württemberg
    Brandenburg
    Hamburg
    Rheinland-Pfalz

    Hinzu kommen dutzende Kommunen, die Aufnahmezusagen gemacht haben. Zu den bundesweiten Gesamtzahlen dieser Zusagen fehlt uns jedoch leider eine Übersicht.

  • Aufnahme aus Griechenland: Was kann der Bund tun?

    Die Bundesregierung kann sich dazu entschließen, Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen. Eine Aufnahme ist beispielsweise über das sogenannte „Selbsteintrittsrecht aus humanitären Gründen“ gemäß „Dublin III – Verordnung“ möglich. Nach der Aufnahme würden die Asylverfahren dann in Deutschland durchgeführt.
    Das Bundesinnenministerium kann zudem den Bundesländern erlauben, Geflüchtete aufgrund der humanitären Notsituation aufzunehmen. Die Bundesländer können dann gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklären, Geflüchteten eine Aufenthaltsmöglichkeit geben und eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Auch hier kann dann nach der Aufnahme eine weitere Abklärung über die Perspektive in Deutschland erfolgen.

  • Aufnahme aus Griechenland: Was können die Bundesländer tun?

    Grundsätzlich wird die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten über den Bund unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation der Bundesländer entschieden. So werden ankommende Geflüchtete im Rahmen des sogenannten „Königsteiner Schlüssels“ unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage auf die Bundesländer verteilt.

    Allerdings können die Bundesländer auch selber entscheiden, ob sie Geflüchtete aufnehmen wollen. Dies kann in bestimmten Einzelfällen geschehen oder auch durch sogenannte Landesaufnahmeprogramme (§ 23 Absatz 1 AufenthG). Hierfür wird die Zustimmung des Bundesinnenministeriums (BMI) benötigt. Ein aktuelles Rechtsgutachten vertritt dabei die Auffassung, dass das BMI die Zustimmung im Fall von Minderjährigen auf den griechischen Inseln nicht verweigern darf

    Die Bundesländer haben zudem die Möglichkeit, Druck auf die Bundesregierung auszuüben und diese so zur Aufnahme von Geflüchteten zu bewegen.

  • Aufnahme aus Griechenland: Was können die Kommunen tun?

    Eine Kommune kann grundsätzlich nicht eigenständig ohne Beteiligung von Landes – und Bundesregierung Geflüchtete aufnehmen. Zwar wird aktuell die rechtliche Möglichkeit einer eigenständigen Aufnahme von Geflüchteten durch die Kommunen diskutiert, allerdings ist dies noch eine theoretische Diskussion.

    Kommunen können jedoch gegenüber dem jeweiligen Bundesland und der Bundesregierung ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Geflüchteten erklären und Druck auf Bundesregierung ausüben. Dies haben vielen Kommunen bereits getan etwa im Rahmen der Initiativen “Solidarity Citys” oder “Sichere Häfen“.

  • Aufnahme aus Griechenland: Was kann ich als Privatperson tun?

    Es ist grundsätzlich nicht möglich, als Privatperson Minderjährige aus Griechenland direkt aufzunehmen. Falls Sie jedoch Angehörige von unbegleiteten Minderjährigen kennen, die in Griechenland leben, können diese bei dem Verfahren zur Familienzusammenführung unterstützt werden. Sie können sich in diesem Fall gerne an unsere Einzelfallberatung wenden (beratung@b-umf.de).

    Privatpersonen können Druck auf Bund, Länder und Kommunen ausüben, damit diese sich bereit erklären geflüchtete Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Schreibt z.B. Euren Abgeordneten einen offenen Brief und verbreitet ihn in der Lokalpresse und auf Social Media! Hier findet Ihr eine Vorlage der Initiative Seebrücke

    Zudem könnt ihr Menschenrechtsorganisationen unterstützen, die Minderjährigen in Griechenland dabei helfen zu Angehörigen in anderen EU-Staaten überstellt zu werden – dies tut zum Beispiel Equal Rights Beyond Borders.