Mit der Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung und Identitätsklärung sind Sanktionen aufgrund der (vermeintlichen) Nichtmitwirkung verbunden. Diese haben gravierende Auswirkungen auf den Aufenthalt und die soziale und wirtschaftliche Teilhabe der Betroffenen, wie bspw. Arbeitsverbote, Einschränkung von Sozialleistungen oder etwa die Nichtverlängerung oder -erteilung von Aufenthaltstiteln.
Asylsuchende, Personen mit einer Duldung und Schutzberechtigte stehen daher unter massiven Druck, einen Pass(-ersatz) oder sonstige Identitätsnachweise zu beschaffen.
Viele geduldete junge Menschen fürchten jedoch, dass sie bei Vorlage eines Passes abgeschoben werden. Diese Angst, aber auch die Tatsache, dass es in vielen Fällen schwierig oder unmöglich ist, einen Pass und/oder Identitätsnachweise zu beschaffen, stellt Betroffene vor enorme Herausforderungen.
Zwar stellt der Koalitionsvertrag in diesem Zusammenhang wichtige Verbesserungen in Aussicht (z.B. Abschaffung von Arbeitsverboten, Abschaffung der „Duldung light“, Identitätsklärung durch Versicherung an Eides statt). Allerdings bleibt die konkrete Umsetzung dieser Punkte abzuwarten (zur Analyse des Koalitionsvertrags, PRO ASYL, 2021).
Das Thema Passbeschaffung und Identitätsklärung ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Bestandteil der Beratungspraxis geworden. Zur Unterstützung der Beratung haben wir daher relevante Arbeitshilfen, Rechtsprechung und Vorlagen gesammelt.
Erstellt im Rahmen des Projektes „Fokus – Perspektiven junger Geflüchteter im Kontext neuer gesellschaftlicher und rechtlicher Diskurse“. Dieses Projekt wird durch die Aktion Mensch, die Freudenbergstiftung und die UNO-Flüchtlingshilfe gefördert.
Die Beratungshilfe, „Passbeschaffung und Mitwirkungspflichten von Personen mit einer Duldung, bei Asylsuchenden und bei Schutzberechtigten – ein Leitfaden für die Beratung“ (2018), geht umfassend auf folgende relevante Fragestellungen im Rahmen der Passbeschaffung und Mitwirkungspflichten ein:
- Welche Mitwirkungspflichten im Kontext der Identitätsklärung bestehen (nicht)?
- Was muss zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht getan werden?
- Welche Mitwirkungshandlungen sind (un-)zumutbar?
- Welche Risiken und Chancen kann eine Mitwirkung zur Folge haben?
- Welche Konsequenzen kann eine Verletzung der Mitwirkungspflichten haben?
Die Fragen werden in der Arbeitshilfe jeweils differenziert für Personen mit Duldung, Asylsuchende und Schutzberechtigte beantwortet.
Zur Arbeitshilfe
Diese mehrsprachige Arbeitshilfe, “Mitwirkungspflichten bei der Identitätsklärung / Passbeschaffung für Menschen mit Duldung“ (2019), richtet sich an Personen mit Duldung, die verpflichtet werden, an der Beschaffung von einem Pass und/oder Identitätsnachweisen mitzuwirken.
Folgende Fragen stehen dabei im Vordergrund:
- Was kann passieren, wenn keine bzw. nicht ausreichend Mitwirkungshandlungen unternommen werden?
- Wie können Mitwirkungshandlungen nachgewiesen werden?
Zur Arbeitshilfe deutsch, englisch, französisch, dari, arabisch
Diese Arbeitshilfe, „Mitwirkungspflichten bei der Identitätsklärung für Menschen im Asylverfahren“ (2020), richtet sich an Menschen im Asylverfahren und klärt über folgende Fragen auf:
- Was zählt als Identitätsdokument?
- Wozu muss ich tun?
- Was darf ich nicht tun?
- Warum ist es wichtig, meine Mitwirkung bei der Identitätsklärung zu dokumentieren?
Zur Arbeitshilfe
- Wer kommt für die Kosten der Passbeschaffung auf?
- Müssen die Sozialämter bzw. Jobcenter die Kosten übernehmen und wenn ja, nach welchem Gesetz?
In dieser Arbeitshilfe (2021) soll vor dem Hintergrund der neueren Urteile des Bundessozialgerichts und der Gesetzesänderungen im SGB II ein aktualisierter Überblick über die rechtliche Lage gegeben werden.
Zur Arbeitshilfe
Neben Mitwirkungspflichten für Asylsuchende und Personen mit Duldung behandelt diese Übersicht (2017) auch jene Mitwirkungspflichten für Personen mit verschiedenen humanitären und familiären Aufenthaltstiteln.
Die tabellarische Übersicht stellt für verschiedene Aufenthaltsstatus dar, ob und in wie weit,
- eine Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung,
- eine Passpflicht bei der Ausstellung des Aufenthaltstitels,
- eine Passpflicht bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels und
- ein Anspruch auf deutsche Passersatzpapiere
besteht.
Ergänzend zitiert die Arbeitshilfe eine Klarstellung des Bundesinnenministeriums bezüglich der Frage, „ob und wann von Ausländern die Vorlage eines Passes verlangt werden kann“.
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Die Liste (2020) sammelt für 15 Hauptherkunftsstaaten Informationen über länderspezifische Identitätsdokumente und die Beantragung jener bei der jeweiligen Auslandsvertretung.
Aufgelistet werden außerdem die Kontaktdaten zu den -unter anderem für NRW zuständigen- Auslandsvertretungen der Hauptherkunftsstaaten.
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Der Fachartikel (2018) führt in das Thema „Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung während dem Asylverfahren und danach“ ein.
Zum Fachartikel
Wann ist die Grenze der Zumutbarkeit erreicht? Wie weit reichen die Mitwirkungspflichten? In der Beantwortung dieser beiden Fragen bietet der Fachartikel (2018) hilfreiche Hinweise für die Beratungspraxis.
Zum Fachartikel
Der BumF hat 2020 und 2021 mehrere Veranstaltungen angeboten, die das Thema Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung und Identitätsklärung behandeln und dazu Dokumentationen veröffentlicht:
- Dokumentation „Schutz mit Verfallsdatum? Widerruf, Aufenthaltssicherung und Passbeschaffungspflichten.“ (Juni 2020)
- Dokumentation: Passbeschaffung und Mitwirkungspflichten im Rahmen der Identitätsklärung (Januar 2021)
- Dokumentation: Identitätsnachweis als Grundlage des Aufenthalts mit Schwerpunkt Afghanistan (Februar 2021)
- Dokumentation: Identitätsklärung – Afghanistan, Iran, Pakistan (März 2021)
- Dokumentation: Identitätsklärung – Gambia, Guinea, Nigeria (Juni 2021)
Die gemeinsame Veranstaltungsreihe mit der Berliner AG Beschäftigungsverbote, „Identitätsklärung“, wird im Jahr 2022 fortgesetzt. Wir werden Sie über die Termine und Themenschwerpunkte auf unserer Webseite informieren.
Das ausführliche Rechtsgutachten, „Mitwirkungspflichten im Ausländerrecht. Rechtsgutachten zu den Voraussetzungen von Sanktionen bei Nichtmitwirkung“ (2017), geht schwerpunktartig auf Sanktionen im Kontext der Mitwirkungspflichten ein. Im Fokus steht dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen Sanktionen aufgrund der Nichtmitwirkung (un-) zulässig sind.
Des Weiteren wird auf Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Sanktionen hingewiesen.
Zum Rechtsgutachten
Diese Übersicht (2021) beinhaltet eine umfangreiche Sammlung von Gerichtsentscheidungen zu:
- Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung und Identitätsklärung
- einzelnen Mitwirkungshandlungen (z.B. Freiwilligekeitserkärung)
- Hinweispflicht der Ausländerbehörde
- Kausalität zwischen Mitwirkungspflichtverletzung und Abschiebung
- Darlegungs- und Beweislast
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Diese umfangreiche Übersicht sammelt „Rechtsprechung, Erlasse und Veröffentlichungen zum Themenkomplex Duldung light – Mitwirkungspflichten – Hinweispflichten – Kausalität – selbstverschuldete Abschiebungshindernisse“ (2020).
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Tabelle zur Dokumentation der Mitwirkung (Blanko-Vordruck zum selbst Ausfüllen)
Gesprächsprotokoll zur Dokumentation der Mitwirkung (Blanko-Vordruck zum selbst
Ausfüllen)
Begleitprotokoll für den Botschaftsbesuch (Blanko-Vordruck zum selbst Ausfüllen)
Musterschreiben 1: Streichung des Zusatzes „für Personen mit ungeklärter Identität“ bei Duldung: Insbesondere in den Fällen der Erteilung einer Duldung mit dem Eintrag „für Personen mit ungeklärter Identität“ nach § 60b Abs. 1 AufenthG (sog. Duldung light) sollte die Streichung des Zusatzes beantragt werden. Diese Nebenbestimmung ist schon deswegen zu streichen und eine Duldung nach § 60a AufenthG ohne diesen Zusatz zu erteilen, weil derzeit keine Abschiebungen nach Afghanistan erfolgen und daher eine Mitwirkungspflichtverletzung nicht allein kausal dafür ausschlaggebend ist, dass eine Abschiebung nicht stattfinden kann.
Musterschreiben 2: Absehen/Ausnahme von der Passpflicht bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis: Ebenfalls unmöglich ist die Erlangung von Dokumenten oder Pässen zur Beantragung oder Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen (allg. Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG). Das Musterschreiben kann verwendet werden von Personen, deren Identität nicht in Frage steht oder anderweitig, z.B. durch abgelaufene Dokumente oder andere Nachweise, geklärt ist.
Musterschreiben 3: Erteilung „Reiseausweis für Ausländer“: Wer eine Aufenthaltserlaubnis/eine Niederlassungserlaubnis/ eine EU-Daueraufenthaltserlaubnis erhalten hat, sollte aufgrund dieser Umstände einen Reiseausweis für Ausländer beantragen. Auch hier gilt, dass die Identität aus den vorgenannten Gründen nicht infrage steht.
Musterschreiben 4: Aufhebung von Leistungskürzungen: Ebenso ist denkbar, dass Behörden Leistungskürzungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG verhängen, die jedoch aufgrund der aktuellen Umstände gegenüber afghanischen Staatsangehörigen rechtswidrig wären.
Die Musterschreiben müssen für den Einzelfall, für den sie genutzt werden, individuell angepasst werden.